Der ins Innere gerichtete Blick von Alexandra's blauen Augen
MARIA RAMIREZ RIBES
Schriftstellerin
Gründerin und Präsidentin des venezolanischen Chapters des Club of Rome.
Wenn es ein Wort gibt, das Alexandra Meijer-Werners Herangehensweise an den kreativen Prozess definiert, dann ist es Ehrlichkeit. Über ihr Werk zu schreiben, ohne Alexandra selbst zu berücksichtigen, scheint mir, zumindest in meinem Fall, eine unmögliche Aufgabe zu sein. Nicht nur, weil Alexandras Arbeit ohne den Prozess des persönlichen Wachstums und der Erneuerung, für die sie eintrat, und den Mut, mit dem sie diese durchführte, nicht zu denken ist, sondern auch, weil ich persönlich Zeuge ihrer Entwicklung war sowohl als Künstlerin wie auch als Mensch. Ich hatte das Privileg, viel Zeit in ihrer Gesellschaft zu verbringen, und spürte von Anfang an die Ehrlichkeit und Integrität, mit der sie an ihre auffallend originelle Art Kunst zu schaffen heranging und wie sie Multimedia-Technologie nutzte, um ihre künstlerischen, poetischen und therapeutischen Energien freizusetzen.
Es ist nicht einfach, Alexandra Meijer-Werners Arbeit einzuordnen. In ihrem Fall verbindet sich ein konzeptioneller Ansatz mit Bild und Ton mit der Sehnsucht, die Welt zu verändern, vom Individuum zum Kollektiv. Wir erleben ihre Installationen als einen Dialog, dessen Fäden uns alle einbeziehen, auch sie selbst, die Künstler und Menschen, die an der Entstehung der verschiedenen Videos mitgewirkt haben, als Symbol für die Menschheit als Ganzes. Die Grundelemente - Erde, Luft, Feuer und Wasser - sowie die durch Tradition und Kultur auferlegten Rituale erhalten in diesen Videos eine besondere Bedeutung. Und um dieses bewusste und sinnliche Erleben zu erreichen, ist ein Gespür für die Poetik der Bildsprache unerlässlich. Aus ästhetischer und gestalterischer Sicht erfüllt diese Poesie ihr Versprechen, im Betrachter jeden Tropfen Apathie auszulöschen. Die Harmonie und Schönheit vieler dieser Bilder sowie ihre Klarheit in Verbindung mit der Atmosphäre ihrer Installationen sind es, die den Betrachter in das Kunstwerk hineinziehen - eine wesentliche Interaktion in Alexandra Meijer-Werners Werk. In diesem Sinne sind ihre Installationen doppelt innovativ, weil sie die Dichotomie zwischen Werk und Betrachter aufweicht. Im Fall von Alexandra Meijer-Werner würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass ihre Arbeiten erst dann lebendig werden, wenn der Blick des Betrachters auf ihnen ruht und sich ihnen hingibt, wenn er die Arbeiten vervollständigt und die von der Künstlerin angestrebte Transformation zulässt.
Ihre Videos und Installationen werfen Fragen für diejenigen auf, die meinen, dass komplexe Fragen auch komplexe Antworten verdienen. Die Fragen, die Alexandra in ihren Arbeiten aufwirft, führen jedoch zu der unausweichlichen Schlussfolgerung, dass wir alle als Individuen dafür verantwortlich sind, wie unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Worte und unsere Handlungen unsere kollektive Realität beeinflussen.
Wir können diese Wahrheit nicht akzeptieren, solange wir nicht in der Lage sind zu verstehen, dass die Struktur der Paradigmen, die unsere Kultur trägt, versagt. Indem sie uns dazu anleitet, unseren Blick nach innen zu richten, fordert Alexandra, dass wir den Mut aufbringen, die Prämissen der kulturell bedingten Überzeugungen zu überprüfen, und schlägt gleichzeitig vor, dass wir in uns selbst die spirituelle Kraft suchen, die für diese Überprüfung notwendig ist. Wir alle sind das, was wir sehen, was wir aufnehmen, was wir glauben, was wir essen oder nicht essen, was wir denken und was wir tun. Es ist ein täglicher Prozess, der von uns verlangt, dass wir unser dösendes Bewusstsein ständig anstoßen und uns bewusst machen, dass wir als Individuen für unsere Umwelt verantwortlich sind.
Alexandra hat die Kunst als ein therapeutisches Mittel konzipiert, um "Bewusstsein zu schaffen und Hoffnung zu bringen". Und dieser therapeutische Prozess gilt sowohl für die Künstlerin wie auch für diejenigen, die an dessen Erfassung teilhaben oder von außen beiwohnen. Ihre Videos zeigen eine absolute Kohärenz mit ihrer Ansicht, dass das Kunstwerk eine Rolle beim Aufbau eines harmonischeren und bewohnbareren Planeten haben kann. Und das Gleiche könnte man auch über die Produktion dieser Videos sagen. Die Botschaft des Respekts für das Ökosystem wird während der gesamten Videoproduktion beibehalten, indem die notwendigen Bedingungen und eine Atmosphäre der Freiheit und des Respekts für diejenigen geschaffen werden, die ein Teil davon sind, damit sich der Prozess der persönlichen Transformation auf die teilnehmenden Akteure ausweiten kann.
Diego López, der mit ihr gearbeitet hat, sagt, dass eine von Alexandras Tugenden die Freiheit war, die sie ihren Kollegen gewährte. Sie ließ die Darsteller wachsen und sich an der kreativen Erfahrung bereichern, während sie selbst und das Werk sich dem Moment und Erlebtem anvertrauten.
Bei ihr gab es keinerlei Starrheit. Ihre Offenheit und Toleranz räumen den Weg frei, so dass die "Wiedergeburt", an der sie so sehr arbeitete, an den unterschiedlichsten Orten stattfinden konnte: im Schlamm, im kristallklaren Wasser, in der Harmonie des Tanzes, am Rande des Abgrunds. Dort konnten sie und die Schauspieler sich der Dynamik des Prozesses hingeben und dem eigenen Rhythmus als Metapher einer wahren Wiedergeburt freien Lauf lassen. Diese kollektive Anstrengung schuf ihre eigene Synergie und erzeugte eine Vitalität, die weit über das hinausging, als die ursprüngliche Idee versprach.
Jede ihrer Arbeiten ist durchdrungen von einer Empathie für die positiven und konstruktiven Aspekte unseres menschlichen Daseins. Dies spiegelt sich in ihrer Betonung des Zen-Buddhistischen Konzepts wider, das postuliert, dass Objekte an und für sich nicht illusorisch sind, sondern dass die scheinbare Trennung oder Unabhängigkeit zwischen Subjekt und Objekt eine Illusion ist. Das Bewusstsein dieser zugrundeliegenden Realität kann nur aus der individuellen Erfahrung kommen, aus den Spuren, die unsere Gedanken auf unseren Handlungen hinterlassen und die Zeichen einer Gemeinschaft sind, Spuren individueller Schicksale und der kollektiven Bestimmung. Das riesige Netz, das der Unsichtbare Webstuhl webt, ist keine inhaltsleere Abstraktion. Wir alle tragen zu seiner Entstehung bei: der Schöpfer, die Darsteller und die Gemeinschaft, die teilnimmt, zuschaut und sich ihrer Verantwortung oder der Spuren, die sie im Kosmos hinterlässt, bewusst wird. In Alexandras Worten: "Wir alle machen die Welt".
Der Kreislauf, Your Feet my Feet, The Invisible Loom, Osmosis, Ouroboros, sie alle sind ein Warnruf, eine Ode an das individuelle und kollektive Erwachen. In Anlehnung an den Vogel, der in Huxleys Die Insel die Inselbewohner zum Erwachen mahnt, rüttelt Alexandra mit ihren Installationen und Videos an unserer Sensibilität und verschiebt unser Bewusstsein in Richtung eines Erwachens, in dem das Potential der Wiedergeburt stets präsent ist. Kreislauf zeigt den anonymen Menschen, der auch Individuum, Erfahrung und Empfindung darstellt, in einem zyklischen Tanz auf der Suche nach Identität, der sich vom anderen abgrenzt und gleichzeitig sich selbst und alle bestätigt. Aber es ist auch ein Tanz, der dem Flattern der Vögel oder dem Beginn des menschlichen Bewusstseins ähnelt. Eine Metapher der Wiedergeburt, aus der Feuchtigkeit des, Uterus, aus der Vitalität der Meere. Die Symbolik und das Mandala sind in den kreisenden Bewegungen zu erkennen, in den statischen Präsenzen, die an eine ewige Umgebung erinnern, die immer wieder in das Auge des Blicks des anderen, des Blicks vieler, des Blicks des Schöpfers und, buchstäblich, in das tiefe Blau von Alexandras eigenen Augen zurückkehren, um wieder in die unwirtliche Trockenheit der Dünen oder die Transparenz des Wassers zurückzukehren. All das ist Teil jenes permanenten Kreislaufs von Geburt und Tod, in dem wir jeden Tag neu geboren werden, aus unserem Schlummer erwachen, um zu erkennen, dass wir nicht nur ein weiterer Zuschauer des Lebens sind.
Die Arbeit Osmosis greift dieselbe Idee wieder auf, geht noch weiter, indem sie das Unbewusste der Osmose mit einbezieht als Teil jener Flüssigkeit, die die Welt des Bewusstseins, des Begehrens, der Phantasie und der Träume durchdringt. Dieses kaum wahrnehmbare Membran, speichert die Erinnerung, die Rhythmen der Stimmung, der Leere, der Aggression, sowie das Potential, sie in einen ruhigen Zustand zu verwandeln. Die Art und Weise, wie sich Angst oder Erfüllung in unsere Umgebung projizieren und die Art und Weise, wie wir mit ihnen interagieren. Osmosis zerschlägt die Illusion, dass es eine Trennlinie zwischen dem eigenen mentalen Zustand und seiner Wirkung auf die Außenwelt gibt. Sie lädt den Betrachter ein zu akzeptieren, dass es keine Freiheit ohne innere Freiheit geben kann, genauso wie es keinen ökologischen Frieden ohne geistigen Frieden geben kann. Das Video beginnt mit einem sehr schönen Bild eines Kreistanzes als Metapher für das Potenzial der ständigen Wiedergeburt. Dies ist auch der Grund für die Verwendung von runden Symbolen wie dem Rad oder dem Ball.
In Your Feet my Feet erscheinen Alexandras Augen als ein Bewusstwerden von Harmonien und Verwüstungen, von Möglichkeiten, von Tragödien und Riten, von Geburt und Tod. Der ländliche Stamm, der städtische Stamm, alle sind Teil einer einzigen Menschheit, deren Aspekte oder Elemente nicht ignoriert werden können. Luft, Wasser, Eis, Erde, Feuer, alles hat seinen Platz und seine Kraft.
Alexandra Meijer-Werners Videos und Installationen sind Darstellung der poetischen Methoden, mit deren sie versucht, die Grenzen einer Kunstform zu überschreiten, um ihre eigene Botschaft auszudrücken. Diese Botschaft wiederholt sich auf die eine oder andere Weise in unzähligen Varianten des Tanzes, der ihre Arbeit ist und der Bewegung, Harmonie, Bedingtheit, Koordination, Bild, Schatten, Licht und Dunkelheit miteinander verbindet. Wobei, wie im Tanz, schon die kleinste Geste eine Wirkung auf das Ensemble hat. Der Klang ist ein entscheidendes Element in diesem Prozess; er umfasst das Unbewusste und hilft, den Blick zu lenken und uns die Erkenntnis einzuprägen, dass im Leben die Freiheit des Prozesses wichtiger ist als das Ziel selbst. Der echte kreative Prozess, im Leben wie in der Kunst, entzieht sich der Starrheit und Intoleranz. Diese Erkenntnis ist die Essenz von Alexandra Meijer-Werners Arbeit, und ihr Vermächtnis an uns alle.